Samstag, 10. April 2010

Tenterfield and Boonoo Boonoo Waterfalls


Tomatenpflücker-Outfit

Der erste Blogeintrag im April, und ich weiß jetzt schon, dass es kein guter wird.
Um alles mal kurz zu umreissen: wir sind in Tenterfield angekommen (700km nördlich von Sydney) da wir hier Arbeit als Tomatenpflücker bekommen konnten. Harte Arbeit, hat man uns gesagt, aber es würde sich lohnen - da wir früher oder später sowieso arbeiten müssen, haben wir einfach mal zugesagt für 2 Wochen.
Wie sich jetzt rausgestellt hat ist das nicht einfach nur harte Arbeit. Es ist wirklich harte Arbeit, ich wüsste nicht mal wo ich anfangen sollte, um diese Situation hier zu beschreiben.
Auf der Farm arbeiten zu 80% Koreaner, diese sind hier schon so lange auf den Feldern unterwegs, dass sie locker das doppelte an Tomaten pflücken können wie ein europäischer Arbeiter. Man wird hier pro Eimer bezahlt, wo der ganze Misst schonmal anfängt. Wenn man für die Geschwindigkeit bezahlt wird, dann schaukelt sich das so rauf, dass der Lohn sinkt, weil die Koreaner zu schnell arbeiten. Dadurch wird es für normalsterbliche schwerer mitzukommen, da man nicht die Erfahrung hat. Hat man noch zu Anfang der Saison 7$ pro Eimer bekommen, so ist der Lohn derzeit bei 2$ pro Eimer.
Der durchschnittliche Koreaner schafft am Tag ca. 120-170 (20l) Eimer. Die unerfahrenen europäischen Backpacker machen 40-50 - wenn man sich richtig mühe gibt, dann macht man auch nach ein paar Tagen 70-80. Ein anderer Russe und ich konnten an guten Tagen auch mal über 100 schaffen, was dann natürlich einen Stundenlohn von über 20$ bedeutet. Aber es ist so anstrengend, dass man wirklich nach der Arbeit kaum noch laufen kann und der Rücken wirklich überbelastet ist (hier wieder die etwas kleineren Koreaner im Vorteil, sie müssen sich nicht wirklich bücken auf der Arbeit). Wenn man auf den Tomatenfelder 2 Wochen absolviert hat, dann hat man den Härtetest als Pflücker bestanden und kann das als Referenz benutzen um auf allen "leichteren" Farmen (wie z. B. Trauben/Äpfel, etc.) als Pflücker direkt eingestellt zu werden.
Es ist aber nicht einfach nur die unglaublich anstrengende Arbeit, bei über 30° in der Sonne, Tomaten zu pflücken und mit 20kg schweren Eimern rum zu laufen und ständig gebückt zu arbeiten. Es sind auch einfach die sklavenartigen Bedingungen auf der Arbeit.
Bei der Wohnung fängt es an, man lebt in einem kleinen Camper, dessen Betten ca. 160cm lang sind.
Wenn man irgendwas falsch macht, dann fliegt man sofort raus. Die Besitzer hier haben alle etwas zu viel Sonne abbekommen, würde ich mal sagen. Dazu einfach mal kurz 2 Geschichten, die hier in den letzten 2 Wochen abgelaufen sind:
Ein Brite wurde rausgeworfen, weil er den Ofen an gelassen hat. Er stand noch daneben und hat irgendwas in der Küche gemacht, als der Besitzer rein kam und meinte "You stupid wanker (deutsch: du blöder Wichser) forgot to turn off the oven". Was zu einer kleinen Auseinandersetzung führte und der Brite dann mehr oder weniger gegangen ist.
Genauso wurde ein afrikanischer Arbeiter hier sofort entlassen, als er einen Tag frei genommen hat, weil er Schmerzen im Fuß hatte. Als jemand dann was sagen wollte, von wegen, er könnte doch nichts dazu, da meinte der Besitzer mal wieder nur "I'm not talkin' to you!". Man soll sich also gefälligst nicht einmischen.
(man sollte auch ja nicht die falsche Toilette benutzen (es gibt 2, für beide Wohnbereiche gibt es je eine) dann wird man blöd angemacht. Wenn man in der Küche was spülen möchte, dann soll man gefälligst aufpassen, kein Wasser zu verschwenden)

Auf den Feldern hat man dann eine (Sklaven) Nummer (myself is nr. 18). Will man einen Tag frei haben (normalerweise ist gedacht, dass man 7 Tage die Woche schafft) muss man zum Farmer, und hoffen, man bekommt frei. Teilweise gibt es auch Leute hier, die schon 28 Tage hintereinander gearbeitet haben. Da aber gerade Ostern war, haben wir letzten Sonntag frei bekommen und dann nochmal den darauf folgenden Sonntag, weil die Tomatensaison gerade zuende geht und es nicht mehr viel zu pflücken gibt.
Vom Farmer, der die Aufsicht beim Pflücken hat, rede ich lieber garnicht erst. Zum Glück habe ich nicht wirklich viel von seinem Farmer-Englisch verstanden, er hat aber die ganze Zeit irgendwas rumgeschrien - von wegen die Tomaten wären zu grün, nr. 18. Wenn man dann weng zu viel Misst gebaut hat beim Pflücken, wurde der Lohn nochmal um 10-25% gekürzt. Den schnelleren Pflückern ist das nicht so oft passiert, die langsamen habens dann öfter zu spüren bekommen.

Beschissene Verhältnisse für eine Arbeit, aber einfach mal eine Erfahrung wert. Da denkt man doch etwas anders über die wirklich dreckige Arbeit, wer sie macht und was man dafür bekommt. In Australien, Südamerika, oder auch in Deutschland. Denn sind wir mal ehrlich: wieso kommen jedes Jahr Gastarbeiter nach Deutschland, um etwas zu Pflücken?


Boonoo Boonoo Waterfalls



Aber jetzt doch mal was positives. Wer hart arbeitet, der hat auch eine Auszeit verdient. Da die Arbeitsverhältnisse wirklich unter Menschenwürde sind, da halten die Arbeiter doch etwas mehr zusammen und man hat hier nach Feierabend eine echt gute Zeit mit den Koreanern und Europäern aus allen möglichen Ländern.
Hat man einen Tag frei, da fährt man doch einfach mal 30 Minuten raus in den Boonoo Boonoo National Park zu den Wasserfällen. Hier gibt es keine Touristen und man ist ziemlich alleine. Die Wasserfälle sind wieder mal atemberaubend und das beste: man kann direkt von den Klippen springen und schwimmen. Die Wasserfälle sind alle nur 2-3m (oder kleiner) hoch und überall sind nur riesige Steine, so bahnt sich das Wasser hier seinen Weg vielleicht 30-40m weit. Man kann den ganzen Hügel rauf klettern und dann mit dem Wasser komplett wieder runter schwimmen. Solche Ausflüge sind dann tatsächlich auch mal 2 Wochen Sklavenarbeit wert ;)



Alle Bilder ansehen
(da sind auf den Bildern alle möglichen Leute mit drauf, von Japanern, Franzosen, Schweden bis Briten und Russen, die Namen habe ich jetzt mal nicht mit drauf...)

3 Kommentare:

  1. Ok, die Bilder haben jetzt doch weng länger gebraucht, aber ich hab jetzt auch die Fotos von den Anderen, d.h. da sind auch die dabei, wo wir von den 7-8m hohen Klippen gesprungen sind - das war richtig geil. Makoto (Japaner) hat dann von einem 6m hohen Felsen nen Backflip gemacht, was schon ziemlich geil war :)

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  2. Du bist doch verrückt, wieso arbeitest du dort als Sklave, wofür hast du Informatik studiert?
    Mutter sagt: Naja, das Leben dort ist nicht so einfach. So unbequem zu schlafen muss doch schrecklich gewesen sein. Die Natur ist schön und soviele interessante Erlebnisse kann man finden, aber trotzdem ist die Arbeit zu anstrengend. Dieses interessante Leben hat dich völlig verändert, ich habe dich garnicht mehr wiedererkannt auf den Bildern mit deinem Bart und dem Hut!
    Vater sagt: Deutschland ist besser, hier gibt es keine Sklaven! Und Natur ist hier auch nicht so schlecht und ohne gefährliche Tiere. Wir leben hier wie im Land Gottes. Du solltest nicht so hohe Felsen runterspringen, das ist gefährlich!

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  3. jetzt bist du für alle Farmen qualifitziert, lustig lustig :)

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